Der Newsblog des unabhängigen Hochschulmagazins max & julius
Freitag, 20. Dezember 2013
Der Max&Julius Adventskalender - 20. Türchen
Französische Stasi
Im Wohnheim passieren so viele unglaubliche Sachen,
dass ich ihm nochmal ein Türchen widme. Oft bezeichne ich das Wohnheim als
Jugendanstalt. Wenn man unterwegs war und zurück in sein Zimmer kommt, liegt
öfter mal ein Info-Zettel auf dem Bett oder ein Paket auf dem Boden. Sie haben
einen Schlüssel, also können sie auch rein, denken die Verwaltungsangestellten.
Man wird nicht als Mieter eines Zimmers behandelt, sondern als Gnadenempfänger,
dem es zu teil wurde, im Wohnheim wohnen zu dürfen. Mieterrechte gibt es nicht
und Beschwerden aller Art werden in einer aufmüpfigen Unfreundlichkeit
abgeblockt. Zu diesem System gehört vor allem die Überwachung. Die Putzfrauen
sind auch unter dem Synonym „Stasi“ bekannt. Eine Mitbewohnerin hatte nachmittags
ihren Freund zu Besuch. Tagsüber ist das erlaubt – Übernachtungsgäste sind
verboten. Die Tageszeit kümmerte eine Putzfrau nicht, als sie ihr Ohr an die
Zimmertür legte, um zu lauschen, wer da noch im Zimmer ist. Das Pärchen sah die
Fußspitzen und den Schatten der Reinigungskraft durch den Türschlitz. Den
Stasi-Putzfrauen entgeht nichts. Sie meinen sogar zu wissen, wer alles im Haus
ist. Bei meiner Nachbarin klopfte neulich eine Freundin. Die Nachbarin
antwortete von drinnen: „Moment, ich komme!“. Im Gang stand eine Putzfrau und
redete auf den Besuch ein, dass meine Nachbarin nicht da sei. Das war
verwunderlich – wer sprach dann da von innen mit ihr? Dass die Putzfrau falsch
lag, glaubte sie erst, als die Tür aufging und meine Nachbarin rauskam. Sich
mittags in der Küche aufzuhalten, sollte man auch vermeiden. Wen die Putzfrau
auch dort erwischt, den stellt sie unter Generalverdacht und weist ihn zurecht,
er solle gefälligst sauber machen. Dass der Dreck aber noch von den
Koch-Künstlern am Vorabend kommt, ist ihr egal.
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