Der Newsblog des unabhängigen Hochschulmagazins max & julius
Sonntag, 15. Dezember 2013
Der Max&Julius Adventskalender - 15. Türchen
Mittagessen bei einer
französischen Familie
Das Studentenwerk hat hier für ausländische Studenten
ein tolles Angebot. Im Rahmen des Projekts „Invitez le monde à votre table“,
was so viel bedeutet wie „Laden Sie die Welt zu Tisch ein“ können Ausländer
einen Nachmittag bei einer französischen Familie verbringen und mit ihnen
speisen. An besagtem Tag machte ich mich gegen 12 Uhr mit der Tram auf nach
Quetigny, einem Vorort von Dijon. An der Tür öffnete mir Roger – ein Franzose
im Ruhestand. Gleich hinter mir tauchten noch zwei Chinesen auf, die auch
eingeladen waren. In der Wohnung erwarteten uns Sessel wie bei meiner Oma,
einen High-Tech-Flachbildschirm, ein großer Vogelkäfig und ein riesiger
Katzenkratzbaum. Es sollte wohl ein tierisches Mittagessen werden. In der Küche
stand bereits seine Frau Evelyn und kümmerte sich um die Vorspeise. Nach
salzigen Chips und Crackern sowie Kräuter-Eiern und Spargel servierten die
Gastgeber ein Weißwein-Fondue, in das wir Fleisch-Stücke tunkten. Die drei
Katzen des Hauses räkelten sich auf den Sesseln oder sprangen auf den noch
freien Stuhl, um den Fleisch-Brocken näher zu kommen. Der Vogel im Käfig
entpuppte sich schnell als Gourmet-Papagei. Während des Essens schob das
Ehepaar ihm Chips, Spargel, Fleisch und Kuchen in den Schnabel. Reden konnte er
nicht, dafür riss er sich all seine Federn aus und betrachtete sich mitleidig
im Spiegel. Roger köpfte zwei Weinflaschen – weißen und roten. Nach der
Hauptspeise wie es sich für eine französische Küche gehört: Käse. Schon völlig
platt-gegessen und müde verkündetet Evelyn: „Und jetzt noch der Nachtisch!“
Was? Es gab doch schon den Käse. Nun also noch Kuchen. Dabei stellte sich
heraus, dass Roger Dichter war. Er packte seine Lyrik aus und erörterte seine
poetischen Ergüsse. Um fünf Uhr war das Festmahl am Ende – und ich auch.
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