Von Schweinen und
Husaren
Operetten sind amüsant, wohlklingend und auch schon mal für
einen netten Samstagabend mit den Freunden geeignet. Ganz besonders, wenn im
Dreivierteltakt gesungen wird. Dabei sollte Johann Strauss’ "Zigeunerbaron" eigentlich eine Oper werden – was sich trotz der Umdisponierung noch an einigen
ernsten und teils tragischen Stellen erkennen lässt. Profitiert hat von dieser
ungewöhnlichen Vorgeschichte vor allem der Detailreichtum in der Realisierung
der Szenen. Das Emotionsspektrum der Handlung ist dadurch sehr
abwechslungsreich und mitreisend geworden. Zwischen den Schicksalsmomenten
spinnt sich jedoch eine humorvolle Geschichte um den Erben eines ungarischen
Schatzes, der sich, um Vorteile aus seinem Erbstreit mit dem ortsansässigen
Schweinezüchter zu gewinnen, kurzerhand zum Zigeunerbaron erklärt und um die
Hand von dessen Tochter anhält. Bei allem Hin und Her verliebt er sich
allerdings in eines der Zigeunermädchen und verlobt sich stattdessen mit ihr.
Damit verursacht er viel Wirbel und Unmut – vor allem beim emsigen
Sittenkommissar.
Wer Strauss, Walzer und österreich-ungarische Nostalgie mag,
wird diese Operette lieben! Die unterhaltsame Inszenierung Uwe Drechsels und
die beschwingte, musikalische Umsetzung durch das Orchester unter der Leitung
von Sebastian Beckedorf sorgen für einen heiteren Abend, durch den man Lust auf
eine Reise nach Wien bekommt.
|
Opulentes Operettenvergnügen: "Der Zigeunerbaron" |
Feinste Handarbeit - Made In
Würzburg
Nicht zuletzt sind es die opulenten Kostüme, welche die
Atmosphäre dieser klassischen Inszenierung maßgeblich mittragen. Wir haben einen
Blick hinter die Theaterkulissen gewagt - und dem Kostümbild einen Besuch
abgestattet!
Mit Götz Lanzelot Fischer kann das Mainfranken Theater nicht
nur einen erfahrenen, sondern auch international renommierten Kostümdirektor
aufweisen – und einen Künstler, der das Theater förmlich im Blut hat. „Meine
Mutter war Opernsängerin, ich stand schon als Kind auf der Bühne“, erzählt
Fischer, der sich trotz der unmittelbar bevorstehenden Premiere des
„Zigeunerbarons“ Zeit für ein Gespräch mit „Max & Julius“ genommen hat.
„Schließlich habe ich Kunstgeschichte, Mode- und Kostümdesign studiert.“ Und
das Wissen aus seinem Kunstgeschichtsstudium hat sich als essentiell für seine
jetzige Tätigkeit erwiesen. „Bei jeder neuen Produktion muss ich in eine neue
Thematik und oft auch eine neue Epoche hinein finden“, erklärt er, wie er die
Entwurfszeichnungen für die Kostüme des „Zigeunerbarons“ auf seinem Schreibtisch
ausbreitet. „Ein fundiertes kunst- und kulturgeschichtliches Wissen hilft mir
in diesem Prozess natürlich.“ Auf die Frage, ob er denn noch Zeit hätte, sich
neben dieser intensiven Vorbereitung mit einer Lektüre seiner eigenen Wahl zu befassen, erklärt er nur: „Ich habe
meine Leidenschaft zum Beruf gemacht!“ Die aufwendigen Recherchen empfindet er
stets als persönliche Bereicherung.
|
Ein Traum aus Seide - und Ergebnis disziplinierter Teamarbeit |
Der auch an den Theatern in Helsinki und Zagreb tätige
Fischer steht als Kostümdirektor und erster Kostümbildner zwanzig Beschäftigten
und zwei Azubis vor. Diese verwandeln seine Vorgaben schließlich in
maßgeschneiderte Kostüme. Das Prinzip Teamgeist ist unerlässlich in dieser
Tätigkeit, denn nur so können innerhalb einer knapp bemessenen Zeitspanne die
aufwendigsten Roben entstehen. Der Theaterbesucher ahnt dabei nicht einmal im
Ansatz, wie viel Arbeit hinter einem einzigen Kleid steckt. "Würde eine
einzelne Person an einem Kleid arbeiten, wäre sie gut und gerne vier Wochen
beschäftigt." Gerade der im Geist des Rokoko gehaltene „Zigeunerbaron“
stellte hohe Ansprüche, schließlich werden alle Bestandteile eines Kostüms, vom
Unterrock zum Überrock bis hin zum spitzenbesetzten Schleier, von Hand
gefertigt. Fischer freut sich jedoch auch darüber, wenn es ihm mal wieder
gelingt, ältere Kostüme aus dem Fundus, seiner „Schatzkammer“, neu zu
kombinieren - und ihnen somit neues Leben zu verleihen auf den Brettern, die
die Welt bedeuten.
Text: Carina Peter
& Katharina Stahl
Bilder: Mainfranken Theater; Katharina Stahl
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen