Donnerstag, 21. August 2014

Kommentar: Mobilität und Hochschulwechsel in Zeiten der Bologna-Reform




Ein Hauptpunkt der Bologna-Reform ist die Förderung der Mobilität. "Förderung der Mobilität durch Überwindung der Hindernisse, die der Freizügigkeit in der Praxis im Wege stehen, insbesondere - für Studierende: Zugang zu Studien- und Ausbildungsangeboten und zu entsprechenden Dienstleistungen" heißt es in der Erklärung von Bologna. Doch was heißt Förderung von Mobilität?



Bei dieser Formulierung wird das nicht so leicht klar. Man könnte darunter auch die Anbindung der Universitäten an die öffentlichen Verkehrsmittel verstehen. Tatsächlich, das wird häufig nicht hinreichend erklärt, geht es um einen leicht möglichen Hochschulwechsel ohne erbrachte Leistungen zu verlieren. Das war vor der Reform nicht vorgesehen. Wollte man früher die Hochschule wechseln so gab es keine rechtliche Garantie, die Leistungen anerkannt zu bekommen. Man musste schlimmstenfalls wieder ganz von vorne anfangen. Die Praxis sah allerdings anders aus. Häufig war ein Hochschulwechsel im selben Fach mit einem Vordiplom oder einer bestandenen Zwischenprüfung möglich, da die Hochschulen darauf vertrauen konnten, daß ihre Zwischenprüfungen vergleichbar waren.



Mit der Reform sollte diese Praxis rechtsverbindlich werden, womit die Studenten bei der Anerkennung nicht mehr auf den guten Willen der Prüfungsämter angewiesen sind. Dazu ist das sogenannte Leistungspunktesystem ECTS gedacht. Damit sollte es auch rechtlich möglich sein, ohne Probleme die Hochschule zu wechseln. Das macht es natürlich auch notwendig für die Hochschulen, die Studienstruktur anzupassen, damit sie vergleichbar wird. Da es das erste Ziel der Bologna-Reform ist, einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen. Dabei geht es aber nicht nur um die Standorte in Bayern oder Deutschland, sondern um die Hochschulen aller Länder, die der Bologna-Erklärung beigetreten sind, vom Polarkreis bis zum Mittelmeer. Es verwundert nicht, wenn es zu Problemen bei der Anrechnung von Leistungen kommt, wenn jemand z. B. vom Baltikum nach Südeuropa wechseln will oder umgekehrt.



Zumindest aber innerhalb Deutschlands müsste das klappen, sollte man meinen. Es ging ja früher auch. Doch die Realität sieht anders aus. Was früher anerkannt wurde, geht heute oft nicht mehr, wenn es rechtlich nicht vorgesehen ist. Module müssen gleich sein, damit sie anerkannt werden. Die Studiengänge des Bachelor-Master-Systems sind oft in mehr verschiedene Richtungen spezialisiert. Studierte man früher Mathematik oder Physik und nahm das jeweils andere als Nebenfach, so gibt es heute auch mathematische Physik und Computational Mathematics. Neben den Fächern Theologie und Philosophie gibt es heute auch das Fach Philosophie und Religion an der Uni Würzburg. An anderen Unis können sie wieder anders heißen und inhaltlich anders zusammengestellt sein. Da mag dann manches anrechenbar sein, weil inhaltlich gleich. Wenn sich dann aber die Stundenzahl unterscheidet und damit auch die Anzahl der Leistungspunkte, dann gehen die Probleme schon los und das schon innerhalb Deutschlands, von Europa ganz zu schweigen.

Was also früher rechtlich nicht vorgesehen, aber praktisch möglich war, ist heute rechtlich verankert, aber praktisch schwierig.



Schreibt uns doch mal, was Ihr für Probleme mit Anrechnungen hattet.

Der Weg zum Abschluss wird immer mühsamer


 Text: Frank Alig

Foto: "Maximilian Mühlens" / www.jugendfotos.de

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