Der gut gefüllte Hörsaal 1 zeugt von starkem Interesse an der Thematik |
Ein Aufschrei ging
vor knapp drei Wochen durch die Würzburger Studierenden der Fakultät, als sich
wieder einmal herausstellte, dass etliche keinen Platz in den benötigten
Seminaren bekommen sollten. Zur Aufbereitung der Probleme waren nun Prof. Dr.
Isabel Karremann, Geschäftsführerin des Neuphilologischen Instituts, Prof. Dr.
Wolfgang Riedel, Vizepräsident der Universität Würzburg, und Univ.-Prof. Dr.
Roland Baumhauer, Dekan der Philosophischen Fakultät, eingeladen, den
Studierenden Rede und Antwort zu Kursknappheit und Dozentenmangel zu stehen.
Moderator Stephan Hemmerich, Mitglied der Fachschaftsvertretung der Fakultät,
führte durch den Abend. Der
gemeinsame Schuldige der drei Diskutanten war dabei schnell gefunden und ist –
wie soll es auch anders sein – das Geld, an dem es in der Anglistik chronisch
mangelt. Dass dies kein neues Phänomen darstellt, wird bereits klar, als Isabell
Karremann betont, der Semesterstart sei „ruppig wie immer“ verlaufen. „Ohne
ordentliche Ressourcen ist es nicht möglich, die Lehre ideal durchzuführen“, stellt
sie fest. Dass die fehlenden Geldmittel jedoch nicht aus dem Wegfall der Studiengebühren
resultieren, betonen alle Teilnehmer, sogar fünf Prozent mehr Finanzmittel
stünden der Universität zur Verfügung.
„Grundlegende strukturelle
Probleme“
Wo ist
also das Problem? Warum sind die Kurse heillos überfüllt? Aus welchem Grund
gibt es jedes Semester wieder das altbekannte Chaos? Klar ist wohl, dass der
Geldmangel aus einem „grundlegenden strukturellen Problem, das nicht so einfach
gelöst werden kann“ resultiert, so Wolfgang Riedel. Es sei „nötig, dass mehr
Geld in die Bildung investiert wird“. Dass ein solches Investitionswachstum in
naher Zukunft auf der Agenda steht, ist jedoch stark zu bezweifeln. Ein
generelles politisches Umdenken wäre wohl vonnöten, um den Universitäten mehr
Geld zuzuführen. Für die gesamte Philosophische Fakultät wiegt dann auch der
Umstand schwer, dass es die Geisteswissenschaften in Zeiten des Pragmatismus
und zahlreicher Exzellenzinitiativen schwer haben, Gelder für die Lehre zu
akquirieren. Enttäuscht zeigt sich dementsprechend auch Baumhauer, als er über
die Pläne der Landesregierung spricht, mit einem 600 Millionen Euro teuren
Förderprogramm Nordbayern zu stärken: „Kein einziger Euro aus dem
Nordbayernprogramm fließt in die Geisteswissenschaften.“
Unausgeglichene Verteilung von
Lehrstühlen Ergebnis gewachsener Strukturen
Dass das
bestehende Knappheitsproblem in der Anglistik und Amerikanistik jedoch nicht
nur das Resultat zu geringer finanzieller Zuwendung seitens der Landespolitik,
sondern auch einer – von vielen als ungerecht betrachteten – Verteilung der
Gelder innerhalb der Universität ist, belegen eindrucksvolle Zahlen zu
Studierenden und Lehrstühlen. In der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
gibt es zurzeit 19 Lehrstühle für 3053 Studierende, die Rechtswissenschaft
stellt ihren 2563 Studierenden 18 Lehrstühle zur Verfügung. Das Institut für
Geschichte unterhält sechs Lehrstühle für 390 Studierende und in der Fakultät
für Chemie und Pharmazie werden die 1843 Studenten von 14 Lehrstühlen betreut.
Schaut man sich nun die Zahlen in der Anglistik an, muss man feststellen, dass
hier die Relation nicht mehr gegeben ist: 1821 Studierende sind im
Wintersemester 2014/15 im Fachbereich Anglistik eingeschrieben; deren Betreuung
wird von nur vier Lehrstühlen übernommen. Angesprochen auf diese erhebliche
Diskrepanz zwischen der Anglistik und anderen Fakultäten bzw. Instituten,
betont Wolfgang Riedel, dass die Zustände keine von der jetzigen
Universitätsleitung getroffene Entscheidung sei. „Dies sind gewachsene
Strukturen, die nur schwer zu ändern sind“, sagt er. „Da nicht mehr Geld da
ist, kann man nur Veränderungen herbeiführen, indem eine Umverteilung der
Lehrstühle zwischen den Fakultäten vornimmt“, betont Baumhauer und fährt fort:
„Über eine solche Umverteilung wurde nachgedacht, jedoch ist zum einen für eine
solche Entscheidung keine Mehrheit erreichbar und zum anderen eine Wegnahme von
Lehrstühlen bei anderen Fakultäten nicht gewollt.“ Dies scheint ein Konsens bei
den Anwesenden darzustellen, betont Riedel doch, dass er sich geweigert habe,
kleine Lehrstühle zu schließen. Isabel Karremann ist es ebenfalls wichtig,
klarzustellen, dass die Vielfalt in der Lehre erhalten bleiben muss, sagt aber
auch, dass eine Verteilung gerecht gehandhabt werden sollte.
Moderator Hemmerich, Prof. Dr, Karremann, Prof. Dr. Riedel und Univ.-Prof. Dr. Baumhauer (v.l.n.r.) |
Umstrukturierungen der
Anglistik-Studiengänge
Eine
Besserung der Verteilungssituation ist wohl so schnell nicht zu erwarten. Ein
Grund mehr für Karremann innerhalb ihrer Möglichkeiten schon jetzt die Lehrsituation
für die Studierenden durch eine Umstrukturierung des Modulhandbuchs und
infolgedessen auch des Studienverlaufsplans zu verbessern. Ein erster Schritt
dieser Umstrukturierung besteht darin, die Einführungskurse in der Englischen
Literaturwissenschaft und der Amerikanistik, die bisher in Seminaren durchgeführt wurden,
ab dem Sommersemester 2015 als Vorlesungen anzubieten. „Im Rahmen
der Möglichkeiten einer Vorlesung wird weiterhin versucht, die persönliche
Aussprache und eigene Ideen der Studierenden in die Kurse einfließen zu
lassen“, erklärt Karremann die Neuausrichtung. Weitere Umstrukturierungen
werden folgen, die ersten Profiteure werden die Studienanfänger des kommenden
Semesters sein.
Hilfsangebote durch Dozenten und
Fachschaft
Karremann
und Hemmerich machen zum Schluss noch ein Hilfsangebot an die Studierenden und
betonen, dass sie sich nur für die Fälle einsetzen können, die sie auch kennen.
Problemlösungen könnten nur gemeinsam gefunden werden. Was von diesem langem
Abend der Erklärungen, Beschwichtigungen und Hilfsbekundungen bleibt, ist das
Gefühl, dass die Verantwortlichen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich
einsetzen. Mit der Hoffnung auf eine grundlegende und allumfassende
Verbesserung bezüglich der Knappheit bei Kursen und Dozenten hingegen sollte
vorsichtig umgegangen werden.
Text und Bilder: Hendrik Geisler
Text und Bilder: Hendrik Geisler
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