„Ich gegen Dich – Der harte Konkurrenzkampf unter Studenten“ titelt der Uni Spiegel. Doch ist dieser harte Konkurrenzkampf auch im Alltag von Würzburger Studierenden tatsächlich bereits Realität? Oder noch viel interessanter: Was scheint die Ursache an dem immer stärker wachsendem Druck zu sein? Verschwindet das Gemeinschaftsgefühl unter Studierenden und regiert die Ellenbogenmentalität?
Konkurrenzdruck ist auch im Studium ein Thema |
Müssen wir gewappnet sein, uns stetig gegen andere durchzusetzen
und ist ein ständiger Wettstreit mit Kommilitonen notwendig, um bessere Noten oder einen beeindruckenden
Lebenslauf zu erzielen?
Eine repräsentative Studie der Universität Konstanz fand
heraus, dass der Konkurrenzendruck an deutschen Universitäten zunimmt. Jeder fünfte Studierende leidet inzwischen
unter häufigen Vergleichsprozessen mit Mitstudenten. Doch wo führt dieser Konkurrenzdruck
uns im schlimmsten Fall hin - zum
„Burnout beim Bachelor“ oder zur Exmatrikulation? Lauscht man Gesprächen auf
den Hörsaalgängen oder im Bus, erklingt oft: „Ich habe das Wochenende schon
wieder nichts für die Uni geschafft. Wie weit bist du in Statistik?“ oder „Hast
du schon zusammengefasst?“. Ein Dauer-schlechtes-Gewissen bestimmt oft den Tag
und der Vergleich mit anderen hat einen weiteren Grund: Feedback. In den
wenigsten Studiengängen erhalten Studierende vor absolvierter Prüfung eine
Bestätigung über ihre bisherigen Leistungen.
„Pimp my Lebenslauf“ oder „Plan your career“, lauten die
Schriftzüge auf den neonfarbenen Postkarten des Career Service. Eine gute Möglichkeit,
sich Soft Skills anzueignen, den Lebenslauf „aufzupimpen“ und sich neben dem
regulären Studium weiterzubilden. Aber nicht nur Leistungspunkte und gute Noten
können dazu führen, dass Studierende Druck empfinden. Ein weiterer Faktor sind
Vergleiche mit Mitstudierenden bei Weiterbildungsmöglichkeiten außerhalb des
Grundstudiums. Auslandsaufenthalte, Praktika, Fremdsprachen, berufsbezogene
Nebenjobs oder eine Anstellung als Hilfswissenschaftler stehen als Pflichtprogramm
auf vielen „To-Do-Listen“.
Unter dem Motto „Lernerfolg verdoppeln – Prüfungsangst
halbieren“ war der Autor Martin Krengel an der Würzburger
Universität zu Gast. Er beschreibt zu Beginn in seinem Buch „Bestnote“ wie
immer mehr Studierende zu Lernpillen, unter anderem Ritalin, greifen, um die Prüfungsleistung zu
steigern. Hier gilt: Lern- und Konzentrationstechniken helfen zur
wirklichen Leistungssteigerung. Dennoch zeigt eine solche Risikobereitschaft, zu
welchen Mitteln Studierende bereit sind, um dem Druck standzuhalten. Oder ist
Druck etwas, was von uns selbst kommt, was wir
selber steuern können und was mit den richtigen Strategien zu weniger
Konkurrenz und zu mehr Selbstbewusstsein führt? Das richtige Zeitmanagement und
die Einteilung der Aufgaben in kleine Häppchen führt laut
dem Psychologen Martin Krengel zur leichten Aufgabenbewältigung. Sich
selbst besser zu kennen, nicht ständig zu vergleichen und kleine Ziele zu
setzen, hilft Studierenden sich von dem
Konkurrenzkampf zu entfernen.
Das Thema Konkurrenzdruck beschäftigt scheinbar immer
mehr Studierende. Ein Grund hierfür könnte der stark verschulte
Bachelorstudiengang sein, der die Studenten immer mehr zum Messen und
Vergleichen zwingt. Jakob studiert im ersten Semester in Würzburg Jura auf
Staatsexamen. Der selbstdisziplinierte
Student absolvierte bereits einen Bachelorabschluss in Soziologie, Wirtschafts-
und Sozialpsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Er bestätigt,
dass er sich häufig mit Kommilitonen vergleicht und es ihn wurmt, wenn
diese über mehr Wissen verfügen. „Andererseits freue ich mich, wenn ich
anderen gegenüber über einen Wissensvorsprung verfüge. Das bedeutet, die
kontinuierliche Mitarbeit zahlt sich aus. Ich würde das aber nicht als Konkurrenzdenken
auffassen, sondern als gute Vergleichsmöglichkeit.“
Ein Leben ohne messen und vergleichen ist nahezu
unmöglich und kann in Maßen dazu führen,
sich selbst weiterzuentwickeln. Wenn man die Theorie des Sozialen Vergleichs
nach Festinger betrachtet, führen Aufwärtsvergleiche, der Vergleich mit
Menschen, die einem in bestimmten Fähigkeiten überlegen sind, zur Verbesserung
der eigenen. Der Aufwärtsvergleich gibt
uns die Möglichkeit, uns selbst in einem kritischen Licht zu betrachten
und auch zukünftig weiter an uns zu arbeiten.
So ist auch der angehende Jurist Jakob der Meinung, dass
Konkurrenzdenken in geordnetem Maße sich förderlich und motivierend auf das
Studium auswirken kann. „Das Streben danach, besser zu sein als andere spiegelt
sich in nahezu allen Teilen der Gesellschaft wieder. Ohne dieses Denken könnte
es auch passieren, das der Anreiz fehlt, sich besondere Mühe zu geben. Konkurrenzkampf mit fairen Mitteln und bei ähnlichen Chancen ist in Ordnung und
kann auch Spaß machen. Im Studium sehe ich meine Kommilitonen allerdings
weniger als Konkurrenten, sondern vielmehr
als Mitstreiter in gemeinsamer Sache.“
Der wahre Feind heißt anscheinend auch an der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg immer noch „Prüfung“ und nicht „Kommilitone“. Doch
sollten wir uns alle daran erinnern, dass wir nicht nur leben, um Leistung zu
erbringen. Wer immer nur die richtige Karrierelaufbahn plant, nach dem
perfekten Lebenslauf strebt – sollte nicht vergessen, sich Zeit für sich und
den Moment zu nehmen. Kraft zu tanken, sich zu besinnen und erst dann wieder
durchzustarten. Text: Janina Renk
Foto: Jennifer Saalfrank/jugenfotos.de
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