7-8% der
Bevölkerung in Deutschland sind homosexuell. Laut Statistik müsste jeder von
uns mindestens eine schwule oder lesbische Person kennen, die Realität zeigt,
dass das nicht immer der Fall ist. Woran liegt das? Bleiben Homosexuelle nur
unter sich? Oder verschweigen sie es aus Angst vor Zurückweisung? Wie offen
begegnet unsere Gesellschaft Menschen, die zu ihrer Homosexualität stehen?
Darüber haben wir uns mit Bianca von der schwullesbischen Jugendgruppe DéjàWü
e.V. unterhalten.
Seit über 10 Jahren bringt DéjàWü junge
Menschen zusammen. Der gemeinnützige Verein bietet nicht nur die Möglichkeit,
neue Freundschaften und Partnerschaften zu schließen, sondern auch
Unterstützung bei Fragen und Problemen, zum Beispiel zum Coming-out. Denn
leider ist es in unserer Gesellschaft noch keine Selbstverständlichkeit, nicht
heterosexuell zu sein. Sei es, dass die
Eltern einen nach dem Coming-out rauswerfen, einem der kirchliche Arbeitgeber
kündigt oder sich die Freunde von einem abwenden. In einem kleinen Dorf im konservativen
Bayern sind solche extremen Reaktionen vermutlich noch häufiger als in der
weltoffenen und bunten Großstadt Berlin. Und wie sieht es hier bei uns in
Würzburg aus? Bianca schätzt die Würzburger als relativ aufgeschlossen ein, sie
selbst machte hier nur positive Erfahrungen.
Das
Problem mit der Heteronormativität
Dies liegt vielleicht auch daran, dass
sie genau abwägt, wem sie von ihrer sexuellen Orientierung erzählt. Schließlich
will sie damit niemanden vor den Kopf stoßen. Egal, für wie offen wir unsere
Gesellschaft halten, Heterosexualität wird immer noch als die Norm angesehen.
Das sieht man auch schon an alltäglichen Fragen – „Hast du einen Freund?“ ist
eine davon. Man impliziert also, dass es nur eine gültige Form der Sexualität
gibt und fragt nicht etwa „Bist du in einer Beziehung?“. Dieses Phänomen ist
unter dem Begriff Heteronormativität bekannt. Als Heterosexueller denkt man bei
solchen Formulierungen oft gar nicht darüber nach, dass man andere dadurch
ausgrenzen könnte. Wenn dieses Denken schon so tief in unseren Köpfen verankert
ist, dann lässt sich das nicht von jetzt auf gleich ändern. Um ein Umdenken zu
veranlassen, gehen einige ganz progressiv mit ihrer Sexualität um. Sie wählen
zum Beispiel ihr äußeres Erscheinungsbild bewusst provozierend. Dieses
Verhalten ist zwar nachvollziehbar, kann jedoch auch dazu führen, dass
Homosexuelle vorschnell in Schubladen gesteckt werden. Die Folge sind
Vorurteile, wie sie jeder von uns kennt: Lesben tragen kurze Haare und
Piercings und kleiden sich maskulin, das männliche Pendant verhält sich dagegen
betont weiblich. Man neigt dazu, schnell zu verallgemeinern. Aber wie
unterscheiden sich Homosexuelle wirklich von Heterosexuellen? Eigentlich
unterscheiden wir uns doch alle darin, wen wir lieben.
Der Gesetzgeber
macht immer noch Unterschiede
In jüngster Zeit kam dem Thema eine
wachsende mediale Aufmerksamkeit zu. Immer mehr Prominente gingen mit ihrem
Coming-out an die Öffentlichkeit. Bianca bewertet diese Entwicklung positiv,
nicht nur weil die Problematik dadurch in den Köpfen der Menschen präsent ist,
sondern auch, weil so anderen Homosexuellen Mut gemacht wird. Dennoch sollte
man sich fragen, ob nicht gerade diese intensive Berichterstattung zeigt, wie
weit unsere Gesellschaft noch davon entfernt ist, LGBT* (Lesbian, Gay,
Bisexual, Trans) nicht mehr als Besonderheit zu verstehen. Intoleranz gegenüber
LGBT spiegelt sich auch in der Politik und Gesetzgebung wider. Vor allem in
Deutschland kann hier von einer Gleichstellung noch nicht die Rede sein. Eine gleichgeschlechtliche
Ehe ist zwar erlaubt, unterscheidet sich aber immer noch erheblich von
heterosexuellen Ehen. So ist nur eine
„eingetragene Lebenspartnerschaft“ möglich, man ist also laut
Namensgebung nur „verpaart“ und nicht verheiratet. Schwule und lesbische Ehepaare haben die
gleichen Pflichten, jedoch nicht die gleichen Rechte. Ein bekanntes Beispiel ist das Problem der
steuerlichen Gleichstellung. Betrachtet man außerdem das Adoptionsrecht wirkt
es irritierend, dass es einer Einzelperson erlaubt ist ein Kind zu adoptieren,
einem gleichgeschlechtlichen Paar nicht. Sind denn zwei Mütter/Väter schlechter
als ein(e) Mutter/Vater?
Die Coming-outs verschiedener
Prominenter, ein wachsendes Angebot an Veranstaltungen speziell für LGBT* und
zunehmende Aufgeschlossenheit christlicher Hochschulgruppen sind Indikatoren
dafür, dass sich etwas tut. Der Verein DéjàWü versucht seinen Teil dazu
beizutragen. Eines ihrer Projekte ist ein Workshop, den sie Schulen anbieten.
Damit wollen sie Lehrer bei der Vermittlung von Themen rund um Homosexualität
unterstützen und schon bei jungen Menschen einen aktiven Denkprozess anstoßen.
Damit endlich in allen Köpfen ankommt: Es ist keine Art zu handeln, sondern
eine Art zu sein.
Vanessa
Luksch & Anja Meusel
Die Jugendgruppe bietet Unterstützung in allen studentischen Lebenslagen |
Steckbrief DéjàWü e.V.:
Mitgliederzahl:
circa 50
Altersgruppe:
16 – 26 Jahre*
Gruppenstunden:
1. Und 3. Freitag im Monat, 20.00 Uhr, wufzentrum
Stammtisch:
4. Mittwoch im Monat, 20.30 Uhr, Café Klug
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