Seit Wochen und Monaten verschlimmert sich die Lage der
Menschen in den Krisengebieten im Osten. Noch nie zuvor waren so viele Menschen
gleichzeitig auf der Flucht. Früher war Afghanistan das Hauptauswanderungsland,
derzeit eskaliert die Situation rund um Syrien. Immer mehr müssen fliehen,
haben keinen Ausweg und blicken einem ungewissen Weg entgegen, der oft in
Bayern und dann hier in Würzburg endet.
Wenn diese Menschen mit ihrem bisschen Gepäck hier ankommen,
werden sie zunächst in den zentralen Auffanglagern in München und Zirndorf bei
Nürnberg untergebracht. Wenn die rechtlichen Fragen geklärt sind, ist
Anlaufpunkt hier bei uns die Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Würzburg. Dazu
gehören zum Beispiel regelmäßige Mahlzeiten oder Hilfe bei der Kindererziehung.
Doch die Plätze reichen nicht aus, um allen einen Platz bieten zu können.
Deswegen gibt es neben der Stadt noch weitere Institutionen, die sich um
Fliehende kümmern.
Gelebtes Engagement für Flüchtlinge
Ann-Kathrin, die Political and Social Studies mit
öffentlichem Recht als Nebenfach studiert, sagt: „Die kirchliche
Hochschulgemeinde (KHG) bietet die beste Möglichkeit in Würzburg, für und mit
Flüchtlingen zu arbeiten.“ Die 22-jährige ist festes Mitglied des
Asyl-Arbeitskreis (AK Asyl). Hier wird Flüchtlingen ein umfangreiches Programm
geboten. Es gibt sogenannte Teekreise mit gemeinsamen Beisammensein oder
Spieletreffen mit Kindern. Sehr gerne werden auch die Deutschkurse, geleitet
von Studenten, besucht. Die betroffene Maysun (26) nimmt beispielsweise
regelmäßig am Theaterkurs teil, wo Einheimische und Asylanten zusammen auf der
Bühne stehen. Ann-Kathrin ruft alle auf, toleranter zu werden. Sie verweist auf
den Grundsatzartikel 16: „Jeder politisch Verfolgte hat Rechte!“ Deswegen
werden auch immer wieder Vortragsabende in Würzburg organisiert, die darauf
aufmerksam machen sollen, dass es inner- wie außerhalb der Stadtmauern Menschen
gibt, die in eine aussichtslose Situation blicken. „Dessen muss man sich
bewusst werden!“
Auch Stephan Rinke kümmert sich mit Haut und Haaren um
Menschen, denen es nicht so gut geht. Vor acht Monaten hat er das
Integrationsprojekt „Sport ohne Grenzen“ ins Leben gerufen – speziell für
Asylbewerber, die sich bei der körperlichen Betätigung als vollwertiges
Mitglied des Teams fühlen dürfen. Großen Erfolg hatte dieses Projekt in der
kurzen Zeit: So wurde zum Beispiel eine Ausnahme der Residenzpflicht für
Footballspieler Madiama Diop erkämpft, sodass er auch zu Spielen außerhalb
Unterfrankens fahren konnte. Außerdem setzt sich Rinke dafür ein, dass
Asylbewerber arbeiten können. Er betont, wie sehr sich diese Menschen nach
einer Tätigkeit sehnen. Unter ihnen sind zum Beispiel Schuhmacher oder
Steinmetze. „Natürlich kann ich nicht für alle sprechen. Doch die, die ich
kennen lernen durfte, wollen mit anpacken!“, macht er klar.
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Begeisterten mit orientalischer Küche: Saian (Irak), Yosef Mardini (Syrien), Ahmed (Irak) |
Was läuft falsch in Bayern?
„Es ist am einfachsten, nichts zu machen. Aber etwas zu
machen, ist auch nicht so schwer“, erklärt Rinke am Vortragsabend zum Thema
„Kein Mensch ist illegal“. An diesem Tag haben Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak
und aus Nigeria Spezialitäten aus ihren Heimatländern gekocht. Mehr als zehn
Tische waren an diesem Länderabend gefüllt. Die Köstlichkeiten aus fernen
Ländern kamen super an. Im Anschluss folgte der eigentliche Höhepunkt des Abends:
Ein kurzer Vortrag sowie eine Diskussionsrunde mit Alexander Thal vom
bayerischen Flüchtlingsrat. „Was macht Bayern im Gegensatz zum Rest
Deutschlands falsch, dass wir hier nicht mit der großen Zuwandererwelle
zurechtkommen?“ war nur eine von vielen Fragen.
Thal führt aus, man hätte einfach zu lange die Fakten
übersehen. Seit 2007 mit 20 000 Flüchtlingen steigen die Zahlen stetig. So
waren es 2013 um die 110 000 Menschen. Dieses Jahr sind etwa 200 000 Zuwanderer
in Bayern angekommen. Doch Bayern habe zu spät gehandelt, sodass jetzt nicht
genug Platz da ist. Jetzt würden die Landkreise einfach alles anmieten, egal ob
gut oder schlecht. „Die Praxis ist dermaßen unflexibel! Kein anderes Bundesland
hat diese Probleme.“ Das Fatale: Ein Asylant in der GU kostet die Stadt etwa
450 €, wenn er allerdings eine dezentrale Unterkunft (heißt außerhalb der Stadt
angemietet, z.B. Wohnung, Turnhallen usw.) bekommt, können sich die Kosten pro
Person auf über 1000 € belaufen. „Für dieses Geld bekommt man locker auch eine
schöne Wohnung bezahlt statt einer Bruchbude.“ Der Abend hat klar gezeigt, wie
viel für das Thema „Asyl“ gemacht werden muss. Deswegen freut sich der Asyl-AK
immer über neue Mitglieder, auch Spenden sind herzlich willkommen. Außerdem
läuft noch bis zum 31. Mai 2015 eine Unterschriftensammlung an Bundeskanzlerin
Angela Merkel unter der Überschrift „SOS Europa: Erst Menschen, dann Grenzen
schützen“, um die Einreisebedingungen zu verbessern.
Sabrina Unglaube & Laura Artinger
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