Montag, 24. Februar 2014

Stockholm - Das Venedig des Nordens



Der Frühling klopft energisch an der Haustür, der Großteil der Studierenden kann sich endlich von den Klausuren erholen. So manchen packt nun das Fernweh. Wer einen kurzfristigen Urlaub plant oder in den Ferien lieber Reiseberichte als Literaturlisten für Hausarbeiten verschlingt, darf sich auf Reise-Essays auf unserem Newsblog freuen.

Wer Hamburg mag, wird Stockholm lieben! Wasser, Wasser, Wasser! Die salzige Ostsee trifft in der größten Metropole Skandinaviens auf das Süßwasser des Mälarsees. Das „Venedig des Nordens“ wird Stockholm auch liebevoll genannt. Doch im Gegensatz zu der sinkenden Stadt Italiens ist die schwedische Metropole nicht dem Untergang geweiht, denn diese ist - statt künstlich erbaut - sicher auf Granitfels gegründet. Stadt der tausend Inseln ist Stockholm allemal. Auf 14 Inseln erstrecken sich ihre einzelnen Stadtteile, die für ein facettenreiches und kulturelles Erlebnis sorgen. 57 Brücken verbinden alle Inseln zu einer eindrucksvollen Stadt. Für mich hat diese Hafenstadt, die in einer hügeligen, waldreichen Landschaft liegt, sehr viel Potential, zu eines jeden Lieblingsstadt zu werden. 



Reiseziel und Flug 


Semesterferien – ein achtwöchiges Praktikum lag hinter mir und ich wollte einfach nochmal raus, bevor der Unialltag wieder zuschlug. Um das Fernweh ein wenig zu stillen und dennoch das Konto nicht komplett plündern zu müssen, genügt bereits ein Städtetrip innerhalb Europas. Denn unser vielseitiger Kontinent vereint zahlreiche Kulturen auf engstem Raum. Wo es hingehen sollte, überließ ich den Flugangeboten von Ryan Air. Bereits für 60 Euro konnte das kleine Abenteuer ab Bremen beginnen. Doch Vorsicht! Während der Flugbuchung muss man sich zunächst durch etliche Werbeangebote klicken: Vom Handyvertrag bis zum Kofferset ist alles dabei. Also Obacht bei der Setzung der Kreuze.


Bereits im Flugzeug lernten wir einen älteren Herrn kennen, der uns seine Lebensgeschichte erzählte. Seit über 50 Jahren lebte er nun schon mit seiner Familie in Schweden. Geschichten wie diese, sei die Reise noch so kurz, tragen zu einem wahren Erlebnis bei. Nach dem knapp eineinhalbstündigen Flug landeten wir auf dem winzigen Flughafen Stockholm Skavsta. Die anschließende Fahrt mit dem Transferbus führte vorbei an bunten Wäldern und kleinen roten Holzhäuschen. Großes Staunen – die Landschaft gleicht tatsächlich den Beschreibungen und Bildern aus den Kinderbüchern von Astrid Lindgren. In einem dieser Häuschen steckte vielleicht der kleine Michel gerade in einer Suppenschüssel fest.

Unterkunft

Wie findet man nun eine zentral gelegene, kostengünstige Unterkunft? Hostels sind genial, um beide Punkte zu erfüllen. Oftmals haben diese jedoch eher den Charme einer Klassenfahrt und um dort richtig günstig zu wohnen, muss man ein Mehrbettzimmer in Kauf nehmen. Sehr empfehlenswert ist deshalb die Internetplattform airbnb. Weltweit stellen Privatpersonen ihr Gästezimmer oder ihr Sofa Reisenden für wenig Geld zur Verfügung.
Mein absoluter Geheimtipp:
So lernt man Land und Leute viel besser kennen als bei jeder Pauschalreise und fühlt sich gleich viel heimischer!
Für knapp 50 Euro übernachteten wir im Wohnzimmer einer älteren schwedischen Dame, die mit der Beherbergung von Touristen ihre Rente aufbesserte - schwedisches Frühstück, unter anderem bestehend aus Knäckebrot und Kaviarpaste auf Ei, inklusive. Zentral gelegen im hippen Stadtteil Södermalm ließ sich von dort Stockholm bestens zu Fuß erkunden.

Öffentliche Verkehrsmittel

Zu Fuß lässt sich die schwedische Stadt für Touristen optimal entdecken. Hier erhält man die besten Eindrücke, wenn man von einem Stadtteil in den nächsten schlendert. Wer nicht gut zu Fuß ist und Stockholm trotzdem sportlich entdecken möchte, sollte das Fahrrad in Betracht ziehen. Stockholm setzt auf’s Rad – gut ausgebaute Radwege ziehen sich quer durch die ganze Stadt, um einen umweltfreundlichen Umschwung vom Auto auf das Zweirad zu ermöglichen. Natürlich kann man auch bequem mit dem ausgebauten U-Bahn-Netz der „Tunnelbana“ von einem Ort zum nächsten gelangen. Jede Station ist mit einem blauen „T“ gekennzeichnet. Eine wiederaufladbare SL-Access-Karte ist an jeder Verkaufsstation erhältlich. Es gibt auch Stunden- und Tageskarten. Hierzu sollte jeder abwägen, wie oft das Ticket wahrscheinlich genutzt wird, um das kostengünstigste zu erwerben. Für ausländische Studenten gibt es leider keine Rabatte.

Essen


Die Lebenshaltungskosten sind in Schweden viel höher als in Deutschland. Für Touristen ist dies deutlich ersichtlich bei den Lebensmitteln. Bereits ein Döner kostet umgerechnet an die 10 Euro und insbesondere alkoholische Getränke sind aufgrund der hohen Steuern nicht gerade erschwinglich.
Mein Geheimtipp:
In der Unterkunft schon mal anständig frühstücken, um gestärkt in den Tag zu starten. Die Pizza- und Pasta-Kette „Vapiano“ hat einige Niederlassungen in Stockholm und ist im Gegensatz zu anderen Restaurants auch in Schweden bezahlbar. Besonders schön eingerichtet mit riesiger Glasfront ist Vapiano in der Altstadt Gamla Stan. Wer Kontakt zu Einheimischen sucht, sollte sich in eine der ulkigen Kneipen Södermalms wagen. Hier dauert es nicht lange, bis man von Einheimischen als Tourist enttarnt und in ein Gespräch auf Englisch verwickelt wird. Trotz horrender Bierpreise (umgerechnet rund 8 Euro pro Flasche) lassen sich die Stockholmer trotzdem nicht den Spaß an einem kleinen Schwipps nehmen. Traditionelle schwedische Gebäcke (z.B. Zimtschnecken) werden immer häufiger durch Muffins und Cupcakes ersetzt und an jeder Ecke findet man einen 7Eleven. Der 24-Stunden-Supermarkt ist mir bereits aus den USA bekannt. Sehr praktisch ist dieser für Touristen mit kleinerem Geldbeutel. Hier sind Kaffee, Bananen und kleine Teigsnacks zur Wegzehrung erschwinglich.

Tipp für den 1. Reisetag


Mein Tipp: Den ersten Reisetag nutzen, um sich zunächst einen Eindruck zu verschaffen. Einfach mal drauf loslaufen, ohne bereits an einem einzigen Tag zehn Sightseeing Punkte abhaken zu wollen. Lass die Stadt auf dich wirken! Pack deine Kamera ein und der Reiseführer darf zunächst gerne in der Tiefe deiner Tasche verschwinden. Einfach losgehen – ohne direkten Plan. 


Stadtteil Södermalm



Das ehemalige Arbeiterviertel unterliegt dem Wandel zum Künstlerviertel. Einmal quer durch Södermalm, vorbei an den zahlreichen trendigen Vintageläden, die Omas Kleiderschrank neu aufblühen lassen von alten guterhaltenen Lederhandtaschen über gepunktete Kleidchen original aus den Sechzigern. Der Trend, getragener Kleidung ein neues Leben zu geben, wird in Stockholm großgeschrieben und von jungen Menschen gelebt. Weg von der Wegwerfgesellschaft – und aus alt mach neu. Besonders empfehlenswert für Männer ist der Vintageladen „Grandpa“. Dieser reizt mit Anzügen aus Opas Kleiderschrank und eigenen Kollektionen. Hier geht es nicht mehr darum, sich kostengünstig einzukleiden, sondern vielmehr um einen Lebensstil. Für Frauen ist der „Smiley Vintage“ einen Besuch wert. Ganz entspannt öffnen die meisten Läden erst gegen 11 Uhr. Södermalm ist auch eine der größten Inseln Stockholms. Neben kleinen Boutiquen lassen sich hier zahlreiche Bars, Cafés und die Markthalle Söderhallarna finden. Tag und Nacht ist in Södermalm etwas los. Zuhause ist hier die junge kreative Szene, genannt SoFo. Besonders sehenswert und auch noch kostenlos ist der Ausblick von der „Fjällgatan“ in Södermalm. Von hier lässt sich der Blick auf die Altstadt „Gamla Stan“, die Museumsinsel „Skeppsholmen“ und die Insel mit Freizeitpark „Djurgarden“ herrlich genießen. In dieser Gegend findet man auch noch kleine rote Holzhäuschen mit Garten.
Mein Geheimtipp:
Gleich um die Ecke befindet sich der Zugang zum stillgelegten Aufzug „Katarinahissen“. Dieser Freiluftaufzug, der einem Kran ähnelt, ist wahrlich nicht schön anzusehen, ermöglicht jedoch einen atemberaubenden Blick über die Stadt.

Gamla Stan

Von Södermalm gelangt man über eine der vielen Brücken in den Stadtteil Gamla Stan. Hier sollte man sich ausgiebig Zeit für einen gemütlichen Bummel durch die Gassen der Altstadt nehmen. Vorbei an den ältesten Häusern Stockholms, kleinen Cafés, Kneipen und Restaurants – wimmelt es in den Hauptgassen nur so von Touristen, die die zahlreichen Souvenirläden dort besuchen. In den kleineren Gassen geht es ruhiger zu und die geschichtliche Atmosphäre, Ateliers, Boutiquen und Antiquitäten können richtig genossen werden. Steile Steintreppen verbinden die Gassen miteinander: Turnschuhe sind definitiv ein Muss auf dem holprigen Kopfsteinpflaster. Die schönste Überraschung stellte für mich die deutsche Kirche „Tyska kirkan“ in der Svartmangatan dar. Es ist immer wieder schön, in der Fremde auf ein bisschen Heimat zu stoßen und die Fußstapfen von deutschen Auswanderern zu verfolgen. Im 17. Jahrhundert errichteten Nürnberger Kaufleute das kleine deutsche Viertel mitten im Herzen Stockholms. Den Mittelpunkt der Altstadt bildet der Marktplatz Stortorget, dieser bietet sich mit den vielen herrlichen bunten Häuschen als schöner Ort für ein kleines Päuschen an.
Mein Geheimtipp:
Wem dies alles ein wenig zu touristisch ist, sollte die ruhigen Gassen aufsuchen, um das Altstadtflair genießen zu können oder sich die kleinste Gasse der Stadt, die „Marten trotzigs gränd“ hochzuschlängeln.



Norrmalm 


Im starken Kontrast zur geschichtsträchtigen Altstadt liegt nicht weit entfernt das Großstadtzentrum Norrmalm. Eine breite Shoppingmeile, auf der sich eine Ladenkette an die nächste reiht. Nicht besonders schön anzusehen ist dieser Teil Stockholms  erinnert er doch irgendwie an den Plattenbaucharme der ehemaligen DDR. Kein Wunder, denn konzipiert wurde Norrmalm in den 60er und 70er Jahren. Zentrum ist hier der Sergels Torg, der Großstadtplatz vereint U-Bahn Station, Ladenzeilen und das Kulturhaus „Kulturhuset“.
Mein Geheimtipp:
Das Kulturhaus besitzt im Erdgeschoss eine kleine Bibliothek. Gut für eine kulturelle Verschnaufpause, auch wenn keine Zeit für Theater bleibt. Fast um die Ecke befinden sich die Hötorgshallen mit offenem Marktplatz und etlichen Gemüseständen.



Östermalm


Das Nobelviertel Stockholms beeindruckt mit seinen zahlreichen pompösen, aber sehr stilvollen Altbauten. Eine Nobelboutique reiht sich an die Nächste. Nichts für Studierende, aber dennoch schön, das edle Treiben zu beobachten. Unbedingt solltet ihr dem Urban Outfitters einen Besuch abstatten. Dieser befindet sich in einem eindrucksvollen ehemaligen Kino und ist allein des einer Oper gleichenden Gebäudes wegen zu besichtigen. Schlicht und klassisch ist der schwedische Einrichtungsstil. Ein Streifzug durch die vielen Einrichtungshäuser (das mit den vier Buchstaben ist hier nicht gemeint) sorgt für  Inspirationen für die eigenen vier Wände. Fest einzuplanen ist auch die schönste Markthalle Stockholms „Östermalms saluhall“. Klein und schnuckelig ist das rote Backsteingebäude einen Besuch wert und bietet kulinarische Köstlichkeiten.
Mein Geheimtipp:
Ein Spaziergang bei Sonnenuntergang an der Promenade Strandvägen, vorbei an Fischerbooten. Herrliche Fotos lassen sich von der Brücke, welche Östermalm und Djurgarden verbindet, schießen, wenn abends im orangefarbenen Licht das Wasser des Hafens funkelt.

Djurgarden


 Über die schöne Jugendstilbrücke von Östermalm gelangt man nach Djurgarden. Die Erholungsinsel für alle Stockholmer mit ihrer riesigen Parkanlage und dem Freilichtmuseum „Skansen“ liegt fernab vom ganzen Stadtrummel. Für Geschichtsinteressierte ist das Vasa-Museum empfehlenswert. Das Museumgebäude wurde extra den Ausmaßen des gesunkenen Schlachtschiffs angepasst. Das Kriegsschiff aus dem 17. Jahrhundert sollte etwas ganz Besonderes sein mit seinen zwei übereinander liegenden Kanonenreihen (statt üblicherweise nur einer Reihe). Durch einen Konstruktionsfehler endete die Jungfernfahrt allerdings bereits im Stockholmer Hafenbecken. In den 50er Jahren wurde das fast vergessene Schiff entdeckt und in einem erstaunlich guten Zustand geborgen. Die sehenswerte Ausstellung wird ergänzt durch viele Objekte, die das Leben im 17. Jahrhundert veranschaulichen. Im Gegensatz zu deutschen Museen geht es hier viel freier zu: Weder Jacken noch Rucksäcke mussten wir bei der Vasa-Besichtigung abgeben. Sogar das Fotografieren mit Blitzlicht war erlaubt. Mein Geheimtipp: Djurgarden mit vielen weiteren Museen ist gemütlich per Fähre von Slussen erreichbar. 







Eins ist Stockholm definitiv: jung, facettenreich und kreativ. Leider kann man innerhalb von fünf Tagen nicht alles erleben, was die Stadt an Kunst, Kultur und Großstadtgetummel zu bieten hat. So blieben viele Aktivitäten auf der Strecke, die ich mir für einen weiteren Besuch aufhebe. Alleine die Museumsinsel Skeppsholmen mit dem „Moderna Museet“, in der Kunst unter anderem von Andy Warhol und Roy Lichtenstein präsentiert wird. Auch die Insel Djurgarden bietet noch etliche Möglichkeiten, unter anderem ein Aquarium („Vattenmuseum“) oder die Reise ins Land der Kinderbücher („Junibacken“). Eine Städtetour à la Stieg Larsson oder eine ausgiebige Schiffsfahrt stehen auch noch auf meiner To-Do-Liste. Des Weiteren ein Besuch des Schlosses mit seinen zahlreichen Nebengebäuden. Mein Fazit: Stockholm ist immer eine Reise wert, in jeder Jahreszeit hat das „Capital of Scandinavia“ einiges zu bieten.

Text und Bilder: Janina Renk

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