Mittwoch, 19. März 2014

Costa Rica - Abenteuer in der Karibik


Diesmal berichtet Isy in ihrem Reise-Essay über ihr ganz persönliches Südseemärchen und ihre Erfahrungen mit dem Programm Work & Travel.


Ich denke, ich war wie die meisten Teenager nach dem Abitur: Froh, dass es endlich vorbei und geschafft war. Nur hatte ich absolut keinen Plan, was ich machen wollte. Naja, studieren natürlich, aber keine Ahnung was. Also, was macht man als Teenager ohne Plan? Abhauen. Beste Entscheidung meines Lebens. Ich besorgte mir einen Katalog, sah mir alle Länder an und suchte mir aus, was ich machen würde: Freiwilligenarbeit. Für die, die jetzt schon Google fragen wollen: Prinzipiell zahlt man dafür, dass man irgendwo arbeiten darf. Und Gott weiß, das war es wert!



Von der Sprachschule ins Urwaldparadies
Erste Station: Das Land in der goldenen Mitte der beiden amerikanischen Kontinente. Costa Rica, die reiche Küste. Dort würde ich erst 4 Wochen auf eine Sprachschule (da ich bis dato außer ein paar Brocken kein bisschen Spanisch sprach) in der Hauptstadt San José gehen und danach zwei Wochen Freiwilligenarbeit in einem der vielen Nationalparks leisten. Blauäugig und naiv buchte ich einfach alles und flog am 28. August los in unbekannte Gefilde. Im Nachhinein bin ich immer wieder erstaunt und erschrocken, wie glatt alles lief und wie viel Glück ich gutgläubige 18-Jährige hatte.

Ein Chauffeur brachte mich extra mitten in der Nacht zu meiner Gastfamilie, und ich fiel völlig fertig in mein Bett. Sollte mein Abenteuer am nächsten Morgen anfangen, ich war fix und alle. Am nächsten Morgen begrüßte mich eine ganze (sehr kurzgewachsene) Tico-Großfamilie, und ich wurde unter großem Tam-Tam zur Bushaltestelle geführt. Ich verstand kein Wort und musste wohl sehr eingeschüchtert gewirkt haben, aber Großmama gab mir einen Plan, wie ich zur Schule kam und los ging die Fahrt durchs hügelige San Jose. Die Schule war klasse, eine kleine Anlage mit exotischem Garten mit Liegestühlen, einer winzigen Kantine und hübschen, verschachtelten Räumen. Zuerst war ich noch alleine in der Klasse, aber dann kam Naomi. Ach, Naomi. Ab da wurde alles besser. Wir verstanden uns auf Anhieb, das verrückte Landei und die witzige Berlinerin. Wir waren unzertrennlich.

Kurz darauf freundeten wir uns noch mit Chrissi und Steffi, zwei Deutschen, und Miguel, einem Schweizer, an. 4 Tage hatten wir Sprachschule, Freitag Samstag und Sonntag konnten wir nutzen, um Trips über die Schule zu buchen. Das erste Wochenende verbrachten wir im bekanntesten Nationalpark Manuel Antonio. Unser Hostel hatte einen wunderschönen Blick auf den Pazifik, nachmittags liefen wir runter an den Strand. Ich war in meinem Urwaldparadies, überall blühten seltsame Pflanzen, riesige blaue Schmetterlinge flogen an uns vorbei, und fremde Geräusche prügelten auf unsere Ohren ein. Das Meeresrauschen war ganz nah, und dann traten wir raus in schneeweißen Sand, vor uns der kristallblaue Pazifik glitzernd in der Sonne. Wir planschten den ganzen Tag, ließen uns beinahe von den vorwitzigen Kapuzineräffchen, Leguanen und Waschbären beklauen, und ich holte mir den schlimmsten Sonnenbrand. Abends aß das ganze Hostel zusammen, wir spielten Trinkspiele und genossen den Spaß, den wir alle hatten. Wenn mein Po nicht so verbrannt gewesen wäre, hatte ich den glücklichsten Schlaf gehabt. Es herrschte fast etwas Abschiedtrauer, als wir mit dem holprigen Bus wieder quer durchs das winzige Land gen Hauptstadt fuhren, vorbei an Plantagen, wunderschönen Küstenstraßen, Wald, Wald und noch mehr Wald, durch Täler und über Flüsse. In der zweiten Woche bekam unsere Gruppe noch einmal Zuwachs in Form von Charles, einem charmanten, maximalpigmentierten Texaner und Caro, ihres Zeichens Yogagöttin.

Das zweite Wochenende machten wir erst einen White Water Rafting Trip. Das muss jeder Abenteuerlustige mal ausprobiert haben, eine Heidengaudi ist das! Man sitzt in einem Zehn-Mann-Schlauchboot, und um einen rum nur unberührte, wilde Natur. Man kommt sich vor wie in Jurassic Park (der dort auch zufällig teilweise gefilmt wurde). Den Tag darauf fuhren wir nach La Fortuna, einem kleinen Dorf am Fuß des El Arenal, eines aktiven Vulkans. Dort lag auch der größte Binnensee, der Arenalsee. Nachts konnte man die leuchtend roten Linien der Lavaströme den Vulkankegel hinabrinnen sehen. Sehr eindrucksvoll. Nachts besuchten wir einen Fluss, der aus den heißen Quellen des Vulkans gespeist wurde. Das muss man sich mal vorstellen, wir saßen in vulkanischen Quellen – mitten im Urwald! Um uns herum die Lichter und Geräusche der Nacht, wir im blubberndem, schwefligen Wasser. Über uns waren die hellsten Sterne die ich je gesehen hatte, riesige Motten flogen um uns herum, und wir konnten die Affen im Wald hören.

 



Nebelwälder und tropische Sonne 

Die Zeit flog vorbei, wir verbrachten die letzte Woche damit in der kleinen, schäbigen Vergnügungsstraße in San José die ganze Nacht Salsa mit fremden Latinos und Latinas durchzutanzen, bis dann schon wieder das Wochenende anbrach, und wir wieder das Land erkunden konnten. Diesmal hatten wir uns für die Karibik entschieden, und schnurstracks fuhren wir wieder in den klapprigen Bussen an die Ostküste. Wenn ich vorher schon dachte, das costa-ricanische Essen sei gut... Meine Geschmacksnerven implodierten förmlich. Wir waren in einem winzigen, abgeranzten Restaurant, genossen die Aussicht auf die gischtgekrönte Karibik und ich futterte das beste Essen meines Lebens (bis jetzt).

Wir liehen uns Fahrräder und fuhren an der schmalen Küstenstraße entlang, und wann immer uns ein Strand gefiel, hielten wir an, sprangen in die Wellen und tobten wie ausgelassene Kinder unter der heißen tropischen Sonne. Abends klapperten wir die offenen Salsaclubs ab, tanzten und lachten. Als wir am Strand entlangkamen, sahen Naomi und ich uns grinsend an, rannten los, rissen uns im Laufen noch die Klamotten runter und sprangen ins lauwarme Wasser, komplett nackt und kichernd und kreischend. Händehaltend standen wir im hüfttiefen Wasser, starrten zu den Sternen und sahen Millionen anderer Welten. Auf dem Rücken treibend ließen wir uns in der warmen Strömung treiben, bis irgendwas Naomis Bein streifte und wir schreiend aus dem Wasser rannten.

Die letzte Schulwoche flog nur so an uns vorüber, und Naomi und ich beschlossen unser letztes Tripwochenende allein zu verbringen. Diesmal sollte es in den Nebelwald hoch nach Monteverde, dem Grünen Berg, gehen. Als wir dort mit dem Bus ankamen, traute ich meinen Augen nicht. Tiefster, ursprünglichster Wald in einem so dunklen Grün, und von dicken Nebelschwaden durchzogen, dass man Gänsehaut bekam. Mittlerweile verstand ich, warum die spanischen Eroberer glaubten, Schätze zu finden. Es sah einfach danach aus! Nur dass der Schatz die Natur, die Pflanzen Tiere und das Wissen der Menschen war anstatt schnödes Gold. Einen Moment lag das ganze Dickicht des Urwald vor einem, und nur einen Herzschlag später verschwand alles in dicken, undurchdringlichen Nebelschwaden. Und es gab Kolibris. KOLIBRIS. Große, winzige, bunt schillernde Juwelen, die überall herumflogen. Ich hätte Stunden damit verbringen können, nur in der Hängematte zu liegen und auf das bebende Grün zu starren, ohne mich zu langweilen. Es war geradezu magisch.

 
 


Im Nationalpark

Wir buchten einen Ausritt in einem örtlichen „Reitstall“, und ritten durch den dichten Wald, wo uns immer wieder die großen blauen Schmetterlinge umflogen, über grüne Weiden und an Zuckerrohrplantagen vorbei. Naomis Pferd pupste in einer Tour, und wir brüllten vor Lachen, wenn uns die ohrenbetäubende Stille zuviel wurde. Nachts unterhielten wir uns über alles was schon passiert war, wischten uns hier und da eine Träne aus dem Auge und planten schon unseren Aufenthalt in unserem Nationalpark, wo wir arbeiten würden. Wir hatten uns für Montezuma an der Pazifikküste entschieden und würden dort im Cabo Blanco Nationalpark sein und würden direkt von Monteverde aus hinfahren, um dort Chrissi und Miguel wiederzutreffen.

Die Reise mit dem Bus war unglaublich lang, wir waren mehr als froh, als wir endlich in Montezuma ankamen. Dort stand auch schon der Bus, und heraus sprang eine überschwängliche Chrissi, dicht gefolgt von Miguel. Wir fielen einander um den Hals und sangen im Auto den ganzen holprigen Weg bis nach Cabo Blanco. Uns erwartete eine große Holzhütte mitten im Urwald, wo uns der Park Ranger auch schon einwies und uns zu unserer eigenen Unterkunft brachte. Es war eine noch größere Holzhütte direkt am Meer. Vor der Veranda mit Hängematten war ein Stück Wiese, und dahinter brach ein Abhang etwa 3 Meter hinab zu einem zerklüfteten Kieselsandstrand ans Meer. Wir konnten von den Liegenstühlen auf der Wiese den Sonnenuntergang beobachten. Es war unbeschreiblich. Hinter uns der dichte Urwald, vor uns das offene Meer, und wieder begleiteten uns die Geräusche der Tiere, tags wie nachts.

Die letzte Woche verbrachten wir in Cabo Blanco und Montezuma. Wir hielten den Park sauber, beobachteten die Kapuziner- Totenkopf- und Brüllaffen (Gott, die waren laut!), fingen Skorpione auf der gefliesten Veranda und trugen sie wieder in den Wald. Am letzten Wochenende fuhren wir ins nahegelegene Montezuma und wollten dort unseren Abschied feiern. Wir buchten einen Schnorcheltrip nach Tortuga, einer kleinen Insel mit wunderschönem schneeweißen Sand und glasklarem Wasser. Als wir abtauchten, explodierten die Farben vor unseren Augen. Tausende Fische in allen möglichen Formen und Farben zischten um uns herum durchs kristallblaue Wasser, neugierig und zutraulich.

Hin... und ganz sicher wieder zurück!

Der Abschied fiel uns allen schwer, Miguel und Chrissi würden noch bleiben, Naomi und ich würden wieder nach San Jose fahren, von wo aus ich das Flugzeug nach Fidschi nehmen musste. In meiner letzten Nacht in Costa Rica lagen wir nebeneinander im Bett, ließen alles kichernd Revue passieren und versprachen uns, in Kontakt zu bleiben, bis wir endlich aneinander gekuschelt einschliefen. Naomi begleitete mich sogar noch zum Flughafen, wir fielen uns tränenreich ein letztes Mal in die Arme. Im Flugzeug überfiel mich ein mächtiges Verlustgefühl, nicht nur wegen Naomi, sondern wegen allem, was ich zurückließ: Ich hatte wunderbare neue Freundschaften geschlossen, in einem Land wie es kaum ein schöneres geben konnte. Die Menschen dort, die Ticos, waren unheimlich freundlich, aufgeschlossen und herzlich. Ich würde alles dort sehr vermissen.
Sollte jemals einer von euch das Bedürfnis haben, etwas völlig Anderes und Neues ausprobieren zu wollen und Erfahrungen sammeln zu wollen, die man nie wieder vergessen würde – Costa Rica.

 
 

Text und Bilder: Isabella Fetzer

 
 
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen