Montag, 6. Januar 2014

"Freitag Nacht" im Mainfrankentheater: Ein Augenzeugenbericht

Als ich gegen 22 Uhr abends am Bühneneingang des Mainfrankentheaters ankomme, werde ich freundlich hereingebeten. Schon hier merke ich die ersten Unterschiede: Nicht nur, dass ich mich zwischen vielen Mitarbeitern des Theaters befinde und kaum Besucher anwesend sind (man könnte meinen, das sei eine theaterinterne Veranstaltung), auch der Warteplatz ist außergewöhnlich. Immer wieder laufen Schauspieler vorbei, die sich gegenseitig schönen Feierabend wünschen. Aber es geht spannend weiter. Wir werden in das leere Foyer geführt, dürfen selbstständig die Garderobe nutzen und danach geht es in einen Raum, im Keller des Gebäudes, der nur Platz für ca. 20 Personen bietet. Ich sitze in der ersten Reihe. Begrüßt werden die Besucher mit einer kleinen Schokofigur auf jedem Platz. Nach sehr kurzer Wartezeit erscheinen die Schauspieler für heute Abend. 

Es sind zwei, eine Dame und ein Herr, die die Geschichte von Gustl Mollath und seiner (Ex-)Frau erzählen. Die Bühne besteht aus je einem Tisch pro Schauspieler. Außerdem werden eine Topfpflanze und ein Richterhammer präsentiert. Beide haben ihren Text in ausgedruckter Form vor sich liegen und tragen ihn vor. Petra Mollath übernimmt hierbei immer die juristische Instanz und verdeutlicht die Gerichtsbeschlüsse immer mit einem Hammerschlag, was im Kellerraum eine voluminöse Auswirkung hat. Die Geschichte ist so paradox, dass sie in Deutschland kaum vorstellbar ist. Gustl Mollath, ein rechtschaffener Bürger, will die illegalen Geldgeschäfte seiner Frau aufdecken und wird dafür bestraft, weil alle höher gestellten Personen, wie Ärzte, Richter, Anwälte mit in den Geschäften verwickelt sind. Nachdem er mehrere Jahre unschuldig in Gefängnis verbringen musste, wird er aufgrund des öffentlichen Drucks jedoch frei gelassen. Übrig bleiben dem einst wohlhabenden Mann jedoch nur seine Kleidung, die er am Leib trug, und die auf dem Tisch befindliche Topfpflanze. 

Die Darstellung des Stücks auf relativ einfache Weise mag simpel oder gar eintönig wirken. Aber durch die Nähe, die man zum Vortrag hat, wird man vollständig eingenommen. Die Schauspieler sind enorm ausdrucksstark, das einfache Bühnenbild ist völlig ausreichend. Genauso ungewöhnlich wie der Inhalt des Stücks ist damit auch seine Präsentation. Eine Mischung, die sich gegenseitig ergänzt und damit den Zuschauer für sich gewinnt. Wer sich auf ein außergewöhnliches Stück am Theater einlassen möchte, der sollte definitiv die nächste Vorstellung besuchen,
denn man befindet sich wahrscheinlich nirgends näher an Schauspielern als bei diesem Format.

Karten sind zum Preis von 7 Euro erhältlich.

Text: Claudia Niedermeier

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