Dienstag, 22. Oktober 2013

Rezension: "Der Geizige" am Mainfranken Theater



Zu den Stücken, die das Prädikat „zeitlos“ wirklich verdient haben, zählt sicherlich Molières Komödie um den habgierigen Harpagon, der sein Geld mehr liebt als seine Kinder. Um sein beträchtliches Vermögen noch zu vergrößern, arrangiert er für seinen Sohn und seine Tochter lukrative Ehen gegen ihren Willen – während er selbst die mittellose, aber blutjunge Mariane umwirbt. Als Geschäftsmann und als Vater rücksichtslos und despotisch, nimmt sein Bemühen, der jungen Frau zu gefallen, bald absurde Züge an und gibt den strengen Patriarchen schließlich der Lächerlichkeit preis.
Das Mainfranken Theater inszeniert „Der Geizige“ als Groteske mit Glam Rock-Faktor, in deren glitzernder Halbwelt nichts wirklich „wahr“ sein kann: Weder die von Heuchelei und Täuschung geprägten Beziehungen um den selbstsüchtigen Alten noch die Sicherheit seiner Geldschatulle, der er bei weitem mehr Aufmerksamkeit schenkt als den Mitgliedern seines Haushalts. Doch auch die ihn Umgebenden stellen wenig persönliche Substanz unter Beweis, sondern agieren vielmehr als Karikaturen ihrer geheimen Wünsche und Bedürfnisse, vereinheitlicht durch die Vorherrschaft des Kapitals, das im Hause Harpagon regiert. Der gewinnsüchtige Geschäftsmann, blind für seine Mitwelt, und sein oberflächlicher Zirkel könnten ebenso Produkt der modernen westlichen Konsumgesellschaft sein. Wenngleich diese Symbolik durch die grelle Dramaturgie manches Mal nur wenig subtil erscheint, überzeugt die Inszenierung vor allem durch ihre ausgezeichneten Darsteller und ihren kurzweiligen Witz. „Der Geizige“ verspricht einen schrillen, intensiven Theaterabend, der dazu einlädt, sich kritisch im schönen Schein einer nur vorgeblich perfekten Welt zu sonnen.

Weitere Termine:
15.00 Uhr: 27.10./ 17.11.
19.30 Uhr: 25.10./ 02.11./ 06.11./ 21.11./ 23.11./ 04.12./ 13.12./ 15.12./ 25.12./ 04.01.

Text: Katharina Stahl
Bildquelle: Mainfrankentheater Würzburg



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